Islamistische Allianzen und ihr Einfluss in Europa
Der Autor Jan-Markus Vömel zeigt, wie sich die Milli-Görüş-Ideologie unter Erdoğan in der Türkei etablieren konnte, während die Muslimbruderschaft in Ägypten verboten wurde, aber über internationale Ableger weiter aktiv blieb. Die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangene Terrororganisation Hamas erhält bis heute Unterstützung durch die türkische Regierung. Über Mediennetzwerke verbreitet die Türkei Hamas-Propaganda und islamistische Narrative mit antiwestlichen Botschaften, die gezielt auch die türkischsprachige Community in Europa beeinflussen soll.
Der Autor weist darauf hin, dass nach dem Scheitern des Arabischen Frühlings die Hamas heute der letzte große Partner der AKP aus dem Lager der Muslimbruderschaft ist.
Die Studie legt die vielfältigen personellen und strukturellen Überschneidungen offen, die es in der Vergangenheit zwischen den beiden Strömungen gab. Unter anderem entwickelten sich in Europa Kontakte, insbesondere über Organisationen wie die IGMG (Islamische Gemeinschaft Millî Görüş) und Ableger der Muslimbruderschaft. Die türkische Religionsbehörde Diyanet (Diyanet İşleri Başkanlığı) arbeitet über Institutionen wie DITIB (Diyanet İşleri Türk İslam Birliği) in Deutschland oder ATIB (Avusturya Türkiye İslam Birliği) in Österreich vereinzelt auch mit Akteuren zusammen, die der Muslimbruderschaft nahestehen.
Gemeinsame ideologische Zielrichtung
Die Studie warnt vor der Ausbreitung islamistischer Ideologien über grenzüberschreitende Netzwerke und wirft die Frage auf, wie europäische Demokratien mit dieser Einflussnahme umgehen wollen. »Die DPI-Studie beleuchtet, wie der Politische Islam über nationale Grenzen hinweg agiert und seine Ideologien in europäischen Ländern verbreitet. Die transnationalen Verflechtungen werfen zahlreiche Fragen auf – etwa, wie die europäischen Gesellschaften mit der wachsenden Einflussnahme politisch-religiöser Gruppierungen umgehen und sicherstellen können, dass die Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat gewahrt bleiben«, so Lisa Fellhofer, DPI-Direktorin.
Die Studie ist beim Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam) als PDF verfügbar: hier